übermuth

Tom Liwa über Muth

Der 17. Oktober ist der Geburtstag von Arthur Miller, Rita Hayworth, Christian Brückner und dem Duisburger Dichter Werner Muth. Letzterer erblickte das Licht der Welt im Jahre 1949, ca. um zwei Uhr morgens – eine etwas fadenscheinige aber gern bemühte Erklärung dafür, dass er noch heute eine ausgemachte Nachteule ist… und in mancher Beziehung spät dran. Muth entdeckte die Literatur früh – für einen im Arbeiterviertel Duisburg-Marxloh aufgewachsenen Maurersohn recht ungewöhnlich. Von Sigurd-Heften (er hatte sie alle!) ging der Weg über Robinson Crusoe und den vielleicht größten deutschen Träumer Karl May rasch hin zu Heinrich Heine.

Ein paar Jahre später stieg er nach der Lektüre von Kerouacs “On the Road” aus dem Lehrerberuf aus, um Amerikanistik zu studieren und zu reisen. Das Ende der Siebziger Jahre verbrachte er als Student in San Francisco und folgte den Spuren der Beat Generation und Hippie-Bewegung. Noch später hatte er in Duisburg einen Kramladen um schließlich, nach viel auf und ab und der Geburt seiner Tochter Verena, bei der VHS in Moers als Fachbereichsleiter für Sprachen in solidem Broterwerb zu landen. Irgendwann in den Achtzigern galt Werner Muth deutschlandweit als einer der führenden Ken Kesey-Experten. Trotzdem begann er enorm spät damit, eigene Lyrik zu schreiben – nämlich erst Mitte der Neunziger Jahre und zunächst in englischer Sprache. Für uns hat diese Entwicklung einen großen Vorteil: ein unausgegorenes Frühwerk gibt es im Falle Muth nicht. Seine Texte sind ausnahmslos brillant, von altersweiser Reife und nehmen – der Ausdruck sei mir erlaubt – keine Gefangenen.

Vor zwei Jahren erschien auf Tom Liwas Ludwig-Label ein erstes Album namens “Ich könnte mir ein Fahrrad leihen” – ein Werk, schon von seiner Form her zwischen allen Stühlen. Werner Muths Texte wurden zum Teil von Liwa zu Songs verarbeitet, teils von Muth selber gelesen und zu einem weiteren Teil mit der jungen Dortmunder Indie-Band arms akimbo eingespielt. Hinzu kam als weibliche Stimme die Giessener Sängerin und Schauspielerin Manuela Weichenrieder. Aus diesen Zutaten entstand eine faszinierende Hörrevue, enorm abwechslungsreich und doch in sich geschlossen.

Auf der neuen CD wird dieses Konzept mit allen Beteiligten und weiteren Gästen (Jazz-Bassist Peter Herrmann und Julia Czeloth seien hier namentlich erwähnt) erfolgreich fortgesetzt. “Muths Koffer” heißt das Album, aufgenommen im Sommer letzten Jahres. Wieder steht der Pantheon des Duisburgers hörbar Pate – Henry Miller, Cees Nooteboom, Heinrich von Kleist, Terence Hill, Karlheinz Thielen, Sal Paradise und Federico Fellini gucken mit wohlwollend müden Zombie-Augen dem Geschehen über die Schulter. Vor allem aber ist in diesem Koffer, was draußen drauf steht. Werner Muth nämlich: trottelig, vergesslich, zuweilen selbstverliebt und bei vollem Bewusstsein manches Mal hart am Schlagschatten der eigenen Karikatur. Großes kleines Kino sozusagen…

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